Zur Digitalisierung der ältesten Bibel Codex Sinaiticus

Älteste Bibel der Welt wurde im Web veröffentlicht

Markus Steiner

 

Digitalisierung gilt als  "bedeutende kultur-historische Tat"

 

 

Auszug aus dem Codex Sinaiticus (Foto: uni-leipzig.de)
Auszug aus dem Codex Sinaiticus (Foto: uni-leipzig.de)

 Der erste Teil des Codex Sinaiticus, der weltweit ältesten überlieferten Bibel, wurde  im Jahr 2008 der Öffentlichkeit im Internet zugänglich gemacht. Die Texte, die Mitte des 4. Jahrhunderts in Ägypten entstanden sein sollen, werden ab morgen, Donnerstag, unter http://www.codex-sinaiticus.netabrufbar sein. Zunächst wird dort allerdings nur der erste Teil der Heiligen Schrift, der sich aus 43 Blättern der Universitätsbibliothek Leipzig und 67 Blättern aus der British Library zusammensetzt, in digitalisierter Form veröffentlicht. Bis zum endgültigen Abschluß des Projekts sollen aber auch die restlichen Teile aus dem Katharinenkloster auf dem Sinai und der russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg auf der Webseite zur Verfügung gestellt werden.

"Die 43 Leipziger Blätter gehören zu den ersten, die im Katharinenkloster auf dem Sinai als Teil einer sehr frühen Bibel identifiziert wurden und 1844 nach Leipzig gelangten", erklärt Ulrich Johannes Schneider, Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig http://www.ub.uni-leipzig.de im Gespräch mit pressetext. Die Bibel-Handschrift sei ursprünglich von dem deutschen Theologen Konstantin von Tischendorf im Katharinenkloster entdeckt worden. "Die Geschichte der Entdeckung war zugleich die Geschichte der Fragmentierung dieser Handschrift, und eben diese Geschichte kommt nun an ihr Ende", erläutert Schneider. Mit der Online-Edition habe die internationale Zusammenarbeit ihr höchstes Ziel erreicht. "Es wird ein äußerst wertvoller Text in allen überlieferten Teilen der interessierten Weltöffentlichkeit übergeben", betont Schneider.

"Die Digitalisierung des Codex Sinaiticus ist ein umfassendes Unternehmen", stellt Schneider fest. Dies resultiere nicht nur daraus, dass die einzelnen Teile der Bibel an vier verschiedenen Orten aufbewahrt werden. "Bisher erschwerten vor allem die unterschiedlichen Ansprüche der Länder, wo die Fragmente lagern, ihre Zusammenführung", schildert Schneider. Die Digitalisierungstechnik und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten kämen dem Projekt da sehr entgegen. "Nicht nur die unterschiedlichen Aufbewahrungsorte, sondern auch die unterschiedlichen Zustände, in denen die Texte erhalten sind, haben eine Aufnahme der Blätter erschwert", meint Schneider. Allein die Digitalisierung des nun im Internet präsentierten ersten Teils habe zwei Jahre lang intensive Arbeit benötigt. "Wenn das Projekt einmal abgeschlossen sein wird, ist eine bedeutende kultur-historische Tat vollbracht. Der Besitzegoismus bei Kulturgütern ist dann exemplarisch für die Zukunft überwunden", so Schneider.

 

Jede hochaufgelöste Fotografie der Manuskriptseiten wird durch eine vollständige Transkription des griechischen Textes ergänzt, die auch alle über die Jahrhunderte dort versammelten Korrekturen enthält. Ausgewählte Bücher und Stellen werden auch in deutschen und englischen Übersetzungen zugänglich gemacht. Alle Textelemente sind miteinander verlinkt und das Anklicken eines Wortes in der Transkription wird durch die Markierung im Manuskript unterstützt. Besucher der Webseite können zudem verschiedene Ansichten wählen, um die physischen Eigenschaften des Pergaments besser betrachten zu können.

 

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Felix qui potuit rerum cognoscere causas  

 

 

Gemäß dem Vergilschen Motto bietet die Augustinus-Akademie ein Studienforum zur geistigen Neuorientierung, Vertiefung eigener Schwerpunkte und Erweiterung und Ergänzung vorhandener (Er-)Kenntnisse.  Viele Gelehrte sind angefüllt mit einer selbst erarbeiteten Wissenschaft, oft erweisen sie sich aber als ungeeignet, durch ihr Wissen einen besonderen Eindruck auf die Mitmenschen zu machen, also ihr Wissen adäquat weiterzugeben. Selbst Kult-Wissenschaftler Albert Einstein gehörte zu solchen. Als lehrender Professor an  der Vorgängeruni der Humboldt-Universität versagte er komplett. Es gibt nicht wenige Gelehrte, die ihr geistiges Werk für sich behalten oder es nur im kleinen Kreis präsentieren, sie gelten als "Privatgelehrte". Andere drängt es zur Arbeit am Schreibtisch und späteren Publikationen, von denen sich hier durch kleine oder größere wissenschaftliche Aufsätze einige wiederfinden. Im wissenschaftlichen Austausch kann es es anstehen, die Rede- und Lehrkunst zu erlernen. Vom stillen Leser und Lerner entwickelt man sich zum sozial denkenden Wissenschaftler, der in der Studiengruppe seine Position hat, Wissen weitergibt und annimmt. 

 

Ästhetik-Professor Bazon Brock findet eine ganz eigene Definition von "Akademie":

 

"Die Akademie ist der Versuch, eine Gemeinschaft zu bilden, die dem Academus entspricht, eine Akademie ist ein Zusammenschluß von Menschen, die sich in anstrengenden Zeiten, vornehmlich in Zeiten des Analphabetismus und der allgemeinen Zerstreuung durch kriegerische oder sonstige evolutionäre Prozesse wechselseitig garantieren, daß das, was sie tun, sinnvoll ist. Wir schreiben, wir malen, wir musizieren, wir komponieren und spielen Theater.

 

D.h. eine Akademie wäre ein Zusammenschluß von Menschen, die sich als Schreiber garantieren, daß das Schreiben einen Sinn hat, weil es Leute gibt, die es lesen: nämlich alle anderen Mitglieder der akademischen Gemeinschaft, denn das ist sehr sinnvoll, wenn wir zur Gemeinschaft des akademischen Typs gehören; dann übernehmen wir die Verantwortung dafür, daß Schreiben, Musizieren, Malen sinnvoll von den Malern, Schreibern, Komponisten betrieben werden kann, weil es Leute gibt, die lesen, betrachten, die zuhören und zwar wirklich auf der Ebene der Gleichwertigkeit  des Rezipienten zum Produzenten.

 

 Das hat eine sehr mäßigende und erzieherische Maßnahme, nämlich wenn wir 100 Akademiker in einer  Gemeinschaft hätten, dann könnte jeder Schreiber, um eine Seite zu publizieren nur die Möglichkeit, gelesen zu werden, einklagen, indem er 99 Seiten seiner Kollegen liest.

 

Es ist nur derjenige "Maler", der würdigt, was andere gemalt haben, sonst ist es sinnlos, Maler zu sein. Also sind Akademien heute dringender als je zuvor, Zusammenschlüsse von Leuten, die die Sinnhaftigkeit ihres eigenen Tuns in aller gutsinnigsten Weise begründet haben möchten: diejenige Vergesellschaftung, in der man sich gegenseitig Sinnhaftigkeit garantiert."

 

                     Prof. Dr. Bazon Brock: Kunst als unabdingbare Kritik an der Wahrheit, Vortrag vom 29. Januar 2014

                                                                                                  Bazon Brock ist Rektor der DENKEREI in Berlin SO36