Innovatives Studieren

Wozu die Augustinus-Akademie?

 

Alle Erziehungstheoretiker hatten eigene Vorstellungen vom Lernen und Lehren.  Sie hatten ihre Vision(-en) –  von Humboldt über Fichte, Schleiermacher oder Hartmut von Hentigs Lieblings-Pädagoge Jean-Jacques Rousseau... Während  Humboldt eine für heute ungewöhnlich anmutende Vorstellung hatte:  "Studieren in  Einsamkeit und Freiheit“,  wollte Fichte die Studenten einschließen, uniformieren und an jedem Tag überwachen. Für Johann Gottlieb Fichte gehörte die  Universität nicht in eine Großstadt wegen offensichtlicher Ablenkungsmöglichkeiten.

 

Lehr - und Lernanstalten

 

Die Akademien, unser Haus nennt sich auch so,  standen für eine Bildungsstätte ohne eigene Forschung, was den Universitäten vorbehalten war. Die Augustinus-Akademie möchte alles verbinden, zunächst im virtuellen Feld durch die Mitwirkung aller, die sich bilden und somit beteiligen wollen, mit einem regen wissenschaftlichen Diskurs, zunächst in schriftlicher Form, später auch im Studiensaal in direktem Austausch, je nach eigenem Schwerpunkt und Wunsch. Wilhelm von Humboldt propagierte die  „Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden“, aber auch die dringende Einsamkeit, die nur in ihr zur absoluten Konzentration führt, genannt seien hierbei die Bibliotheken und einsame Studierzimmer daheim. Handys und andere neue Medien müssen für eine gewisse Zeit der Konzentration tabu sein. 

 

In Europa gab es die Universitäten seit dem Mittelalter. Wilhelm von Humboldt hat mit seiner Berliner Universität eine Abgrenzung von der bisherigen Universität angestrebt, die vorher keine Forschungsuniversität war, sondern ein Haus der Wissenszuteilung  und schließlich der Prüfung.

 

Die Vorlesung zu jener Zeit war eine echte Vor-Lesung:  Hochschullehrer lasen aus fremden im Hause üblichen Büchern. Als Prof. Dr. Dr.  Karl Kardinal Lehmann und Prof. Dr. Walter Kardinal Kasper von der Guardini-Stiftung im Hörsaal der Humboldt-Uni vom Guardini-Präsidenten Prof. Ludwig (Lutz) von Pufendorf zum Gastvortrag geladen waren, verkündete deren Amtsbruder Georg Kardinal Sterzinsky, daß es bei den Professoren Lehmann und Kasper echte mittelalterliche Vorlesungen geben werde. Beide Professoren lasen, ohne die freie Rede anzuwenden, aber eben aus ihren eigenen Werken, was sich von den alten Professoren unterschied.

 

Im 18. Jahrhundert wurden die Universitäten Schauorte von Klüngelei und Postengerangel. Die Lehrstühle blieben in der Familie, fremde Wissenschaftler wurden nicht reingelassen. Diese Attitüde war zum Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr haltbar und würde heute juristische Skandale hervorrufen.

 

Bologna war nur eine Empfehlung 

 

Heute steht Deutschland, welches frühe Elite-Universitäten von Weltruhm hervorgebracht hatte und sich von vielen der anderen Europäischen Ländern abheben konnte, vor dem Problem der Anpassung und Gleichschaltung mit Europas Bologna-Prozeß, der lediglich eine Empfehlung war, auf keinen Fall ein Zwang war, die traditionellen Studiengänge im Magister- und Diplomverfahren abzulösen. Die unrühmliche Vorreiterin in Deutschland war die SPD-Bildungsministerin Edelgard Bulmahn. Ihr konnte Bologna nicht schnell genug gehen und sie behauptete felsenfest, die Einführung durch Europa sei zwingend.

 

Die eifrigen Hochschulrektoren waren die ersten, die sich vor Europa profilieren wollten. Die freie Wissenschaftlichkeit war nun aufgegeben worden, Kasten -und Scheuklappenlernen waren angesagt, Auswendiglernen, Repetieren und nach spätestens 1 Jahr das meiste wieder vergessen, weil nicht selber wissenschaftlich hergeleitet und entwickelt werden konnte, so ereignete es sich an den Französischen Universitäten schon von jeher, nun sind davon die deutschen Universitäten auf Fachhochschulniveau auch betroffen. Was kann die Augustinus-Akademie dazu beitragen? Vielleicht ein in Gemeinschaft zu entwickelndes Lern- und Forschungshaus sein,  in einer völlig neuen Freiheit, welche die Mündigkeit des Studierenden anspricht.

 

Tempus est etiam maiora conari. (Liv auc 6,18,13)

 

                                                                                                                                                                                                                            Berlin im März 2014,  Ramin Rowghani

Kommentare: 3
  • #3

    Klaus Radtke (Mittwoch, 16 Mai 2018 04:23)

    Der Abriss von der Universitätsgründung in Deutschland bis hin zu vielfältigen Akademien vom Autor der einleitenden Worte, wie wichtig wieder ein freies Lernen ist, wie es die Unis VOR Bologna hatten. So eine Akademie, aber auch andere, sowohl spezialisierte, als auch mit verschiedenen Fachgebieten, haben heute mehr Wichtigkeit als je zuvor.
    Viel Erfolg mit diesem Vorhaben den Nachfolge-Jüngern von Professor Jürgen Raschert!

  • #2

    Dr. Seeger (Donnerstag, 24 Dezember 2015 02:17)

    Ich finde es erbauend, dass Herr Rowghani mit dem berühmten Bildungssoziologen Prof. Jürgen Raschert diese Akademie aufgebaut hat. Mir war bekannt, wie scharf Jürgen Raschert den Bologna-Prozess und die Einführung vom B.A. und Master kritisiert hatte.
    Mit einer solchen privaten höheren Schule lässt sich eben studieren, wie es Humboldt wollte. Nach selsbt gewählten Schwerpunkten, in Freiheit! Nur dann ist man gut!

  • #1

    politicus (Samstag, 12 Dezember 2015 07:46)

    Tatsächlich gibt es massive Kritikpunkte am Bologna-Prozess! Kritik an der Einführung der B.A. - und Master-Studiengänge. Was waren doch Magister- und Diplom-Studiengänge in Deutschland Jahrhundertelang bewährt, erprobt und sinnvoll zusammengesetzt! Die Anpassung an Europa ist so überflüssig wie ein Kropf!
    Will man denn in der Wissenschaft WIRKLICH durch die kurzen, straffen, verschulten B.A.- und M.A. (Master-Studiengänge) nur eine ERWEITERUNG der gymnasialen Oberstufe des Gymnasiums bzw. der Gesamtschulen akzeptieren?

    DAS HAT NICHTS MEHR MIT FREIER WISSENSCHAFT ZU TUN!

Qui non respicit initium, non prospicit finem. -  Wer nicht auf den Anfang zurückblickt, blickt auch nicht voraus auf das Ende.     (Augustinus De civitate Dei 7,7)

Felix qui potuit rerum cognoscere causas  

 

 

Gemäß dem Vergilschen Motto bietet die Augustinus-Akademie ein Studienforum zur geistigen Neuorientierung, Vertiefung eigener Schwerpunkte und Erweiterung und Ergänzung vorhandener (Er-)Kenntnisse.  Viele Gelehrte sind angefüllt mit einer selbst erarbeiteten Wissenschaft, oft erweisen sie sich aber als ungeeignet, durch ihr Wissen einen besonderen Eindruck auf die Mitmenschen zu machen, also ihr Wissen adäquat weiterzugeben. Selbst Kult-Wissenschaftler Albert Einstein gehörte zu solchen. Als lehrender Professor an  der Vorgängeruni der Humboldt-Universität versagte er komplett. Es gibt nicht wenige Gelehrte, die ihr geistiges Werk für sich behalten oder es nur im kleinen Kreis präsentieren, sie gelten als "Privatgelehrte". Andere drängt es zur Arbeit am Schreibtisch und späteren Publikationen, von denen sich hier durch kleine oder größere wissenschaftliche Aufsätze einige wiederfinden. Im wissenschaftlichen Austausch kann es es anstehen, die Rede- und Lehrkunst zu erlernen. Vom stillen Leser und Lerner entwickelt man sich zum sozial denkenden Wissenschaftler, der in der Studiengruppe seine Position hat, Wissen weitergibt und annimmt. 

 

Ästhetik-Professor Bazon Brock findet eine ganz eigene Definition von "Akademie":

 

"Die Akademie ist der Versuch, eine Gemeinschaft zu bilden, die dem Academus entspricht, eine Akademie ist ein Zusammenschluß von Menschen, die sich in anstrengenden Zeiten, vornehmlich in Zeiten des Analphabetismus und der allgemeinen Zerstreuung durch kriegerische oder sonstige evolutionäre Prozesse wechselseitig garantieren, daß das, was sie tun, sinnvoll ist. Wir schreiben, wir malen, wir musizieren, wir komponieren und spielen Theater.

 

D.h. eine Akademie wäre ein Zusammenschluß von Menschen, die sich als Schreiber garantieren, daß das Schreiben einen Sinn hat, weil es Leute gibt, die es lesen: nämlich alle anderen Mitglieder der akademischen Gemeinschaft, denn das ist sehr sinnvoll, wenn wir zur Gemeinschaft des akademischen Typs gehören; dann übernehmen wir die Verantwortung dafür, daß Schreiben, Musizieren, Malen sinnvoll von den Malern, Schreibern, Komponisten betrieben werden kann, weil es Leute gibt, die lesen, betrachten, die zuhören und zwar wirklich auf der Ebene der Gleichwertigkeit  des Rezipienten zum Produzenten.

 

 Das hat eine sehr mäßigende und erzieherische Maßnahme, nämlich wenn wir 100 Akademiker in einer  Gemeinschaft hätten, dann könnte jeder Schreiber, um eine Seite zu publizieren nur die Möglichkeit, gelesen zu werden, einklagen, indem er 99 Seiten seiner Kollegen liest.

 

Es ist nur derjenige "Maler", der würdigt, was andere gemalt haben, sonst ist es sinnlos, Maler zu sein. Also sind Akademien heute dringender als je zuvor, Zusammenschlüsse von Leuten, die die Sinnhaftigkeit ihres eigenen Tuns in aller gutsinnigsten Weise begründet haben möchten: diejenige Vergesellschaftung, in der man sich gegenseitig Sinnhaftigkeit garantiert."

 

                     Prof. Dr. Bazon Brock: Kunst als unabdingbare Kritik an der Wahrheit, Vortrag vom 29. Januar 2014

                                                                                                  Bazon Brock ist Rektor der DENKEREI in Berlin SO36