Linus Paulings Vitamin-Thesen und ihre Aktualität

Ramin Rowghani

 

Der Chemiker Prof. Dr. Dr. Linus Carl Pauling befaßte sich seit den 30er Jahren mit medizinischen Themen aus der Sicht eines Chemikers und explizit in den 60er Jahren, mit  der Heilwirkung von Vitaminen. Wie keiner zuvor erforschte er die bio-chemischen Zusammenhänge bei nahezu allen Zivilisationskrankheiten.

 

Wie lebt man länger – und fühlt sich besser“ - so lautet die Titelübersetzung des letzten Buches vom deutschstämmigen US- Jahrhundertchemiker.

 

Nur politische Themen werden so kontrovers diskutiert wie der Bereich Ernährung-Vitamine-Gesundheit. Auch aktuell wird z.B. ein Naturheilmittel oder ein Lebensmittel in den Medien für die Gesundheit angepriesen und kurze Zeit später von anderen Quellen das Gegenteil behauptet.  Die Ärzteschaft sowohl in den USA als auch in Deutschland lernt nach wie vor unzureichendes zur Wirkungsgweise der Vitamine. Den Hochschullehrern wurde es nicht anders gelehrt und sie gaben und geben es bis heute weiter zusammengefaßt in einem ganz primitiven, knappen, banalen „Wissen“: Vitamine sind dafür da, Mangel vorzubeugen für einen normalen Mischkostesser sind sie aus der Nahrung völlig ausreichend. Dabei wird oft nicht hinterfragt, was "Mischkost" überhaupt ist, wie sich die Prozente von Nährstoffen zusammensetzen müßten etc.  Die tägliche sinnvolle Dosis an Vitaminen gebe die WHO an, alles was darüber hinaus eingenommen, zugeführt, der Nahrung ergänzt werde, sei überflüssig, würde ausgeschieden werden oder gar – neuerdings – schaden wie ein chemisches Medikament.

 

Dies wird an der Universität gelehrt und 90% der Ärzte geben es 1 zu 1 den Patienten exakt so weiter. Und zwar dann, wenn sie dieses Gelernte nicht hinterfragen und sich selbst auf diesem Gebiet fortbilden. Wie oft hört man aus der Patientenecke: „Der ist Arzt, der wird schon wissen, was er tut und sagt!“. Hier zeigt sich der Arzt nicht nur als Unmündiger, sondern auch der Patient. Kants aufklärerischer Grundsatz „Sapere aude!“, der ideal von der Berliner Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Waltraud Reichert mit „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ übersetzt wurde, scheint fast 250 Jahre später noch nicht in der medizinischen Welt angekommen zu sein.

 

Linus Pauling war der einzige Mensch, der ungeteilt zweimal den Nobelpreis bekam. Seine Pionierarbeit zu Chemischen Bindungen im 20. Jahrhundert ist unbestritten (s.u.). Im Alter, wo sich viele zur Ruhe setzen, weitete er seine Erkenntnisse aus der anorganischen Chemie aus auf die organische Chemie und Biochemie, obwohl er bereits in den 30er Jahren im Bereich der Medizin publizierte (s.u.). Mit Mitte 60 entwickelte er die „Orthomolekulare Heilkunde“. Der emeritierte Chemie-Dekan der Stanford-Universität entwickelte eine natürliche Heiltherapie, die heute populärer ist, denn je, was natürlich auch mit Fabrikanten oder Gurus zu tun hat, die sich auf Boot des Wissenschaftlers gesetzt haben und von seinen späten Forschungen profitieren.

 

Fast ärgerlich ist, daß der Profitdrang in großen Häusern wie Dirk Rossmann oder Götz Werners DM Einzug hielt und ein unübersichtliches Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln billig und scheinbar ungeordnet im Regal zum Greifen ausweist; das Carnitin zum Abnehmen, das Magnesum gegen Muskelschmerz und das Vitamin C zur Bekämpfung der Erkältung etwa.....andererseits wurde dadurch dem Bürger offeriert, es gibt noch etwas anderes, als sich zurückzulehnen, um zu sagen: „Mein Mittagessen bestand aus Kartoffeln und Fleisch, daraus nehme ich alle meine Vitamine, die ich brauche!“ Wenn man davon absieht, daß sowohl das kohlenydratreiche Stärke-Gemüse als auch das Eiweiß-Fettkonzentrat Fleisch erhitzt werden und die Hitze empfindlichen Vitamine (teil-)zerstört werden, mutet es doch inzwischen antiquiert an, daß diese Nahrungsmittel den Vitaminhaushalt decken könnten.

 

Linus Pauling Veröffentlichungen gingen durch die breite Medizin. Ob es seine frühen Forschungen zur Sichelzellanämier war oder die dezidierten Ausführungen zur allseits bekannten These zu Erkältungskrankheiten und Vitamin C war – seine Studienzusammenfassung „Vitamin C and the Common Cold“ war es, die dazu führte, daß die Welt bei Erkältungskrankheiten vermehrt Vitamin C zu sich nimmt, leider unbeachtet dessen, daß Vtamin C an der positiven Beeinflussung sämtlicher Krankheiten beteiligt ist und zahlreicher Prozesse des Physiologie beteiligt ist, nicht nur bei Säugetieren, bei diesen aber ganz besonders. Man kann es als bedauerlich bezeichnen, daß die Studien in Buchform 1970 von Linus Pauling so ein Erfolg wurde, weil die Welt anahm und Teile bis heute immer noch denken: Vitamin C/ Ascorbinsäure ist ein Erkältungsmittel. Das ist es sicherlich auch, weil es gut nachweisbar Viren bekämpft, aber es hat noch unzählige andere Funktionen im Körper.

 

Es folgen Schriften zu Vitaminen und Psychischen Erkrankungen (auch zusammen mit dem Arzt und Apotheker Prof. Dr. Dr. Carl C. Pfeiffer und dem Psychiater Dr. Abram Hoffer) bis hin zu Einflüssen der Vitamine bei Krebserkrankungen.

 

Sein Weltvermächtnis hinterließ er in einem Buch, das viele Erkenntnisse bietet, er aber mit seinen 89 Jahren keine Gelegenheit mehr hatte, seine Erstausgabe zu erweitern und zu aktualisieren, darum liest es sich an manchen Stellen etwas holprig, es bleibt aber ein grandioses Werk der Vitaminheilkunde und konnte ins Deutsche von Bertelsmann kaum schlechter übersetzt werden: „How to live longer and feel better“, C.A. 1990, ins Deutsch unter: „Linus Paulings Vitaminprogramm – länger und gesünder leben“, München 1991.


Linus Pauling war beim Schreiben dieses Buchs zwar fast 90 Jahre alt, aber keinesfalls ein Greis. Er selbst führt es auf seine gesunde Lebensweise zurück, Eltern und Großeltern wurden nicht so alt und Pauling befaßte sich sehr früh mit dem Wesen von Vitaminen, die er allesamt auch noch regelmäßig und in kräftigen Dosen chemisch naturidentich einnahm.

Pauling geht hinsichtlich der menschlichen Gesundheit davon aus, daß man in den gesamten Körperzellen 'gut angeordnete Moleküle" vorfindet, ein zu erreichender Zustand, welchen Pauling eben ORTHOMOLEKULAR nennt (orthos = gut, molekular = die Moleküle betreffend). Dabei handelt es sich um Stoffe, die normalerweise im Körper vorhanden sein müssen zur Aufrechterhaltung biochemischer Prozesse: Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe, Enzyme, Faserstoffe (Ballaststoffe) und Flavonoide (Pflanzliche Farbstoffe). In diesem Alterswerk zeigt er in zahlreichen Studien, daß Vitamine, z.B. sein Lieblingsvitamin, das Vitamin C bei sämtlichen Erkrankungen mehr oder weniger gebraucht und verbraucht wird. Schon im Jahr des Kriegsendes kam er auf die Idee, daß Sichelzellenanämie eine molekulare Krankheit sein könnte.

 

Es stellte sich die Frage, inwieweit andere Krankheiten auch auf molekularer Ebene bestimmt werden könnten. Pauling fand heraus, daß psychische Erkrankungen und Arteriosklerose im wesentlichen im Zusammenhang mit einem Ungleichgewicht an Nährstoffen stehen. Der Autor beschreibt, wie der Kanadische Psychiater Dr. Hoffer schizophrenen Patienten hohe Dosen von Niacin (Vitamin B3) und Vitamin C verabreichte und ihr Zustand sich deutlich verbesserte, so daß in vielen Fällen die chemischen Medikamente, die weltweit in Form von Neuroleptika verabreicht werden, völlig ersetzt werden konnten.

Psychiatrische Krankheiten seien oft auch ein Resultat einer niedrigen Konzentration von bestimmten Nährstoffen im Gehirn, wie z.B. von den Vitaminen B1, Niacin, B6, B12, Biotin, Vitamin C und Folsäure. Linus Pauling verdeutlicht, daß fast jede Krankheit mit einer spezifischen Vitaminzusammenstellung entweder begleitend oder gänzlich sinnvoll behandelt werden und teilweise auch geheilt werden kann.

Im sehr ausführlichen Kapitel "Krebs" erstaunt Linus Pauling mit der These, man könne Krebs mit den Vitaminen C,- A und -E sehr günstig beeinflussen und in bestimmten Fällen sogar zur Heilung beitragen, wenn bestimmte Umstände vorhanden sind und er bezieht sich dabei auf klinische Untersuchungen des schottischen Arztes Dr. Ewan Cameron, der 1974 für weltweites Aufsehen sorgte, als er Patienten im finalen Krebsstadium mit hohen Dosen von Vitamin C behandelte (teelöffelweise des reinen Pulvers der Ascorbinsäure) und dabei erstaunliche Ergebnisse erzielte.
Pauling zeigte sich in seinem Alterswerk nicht nur als der „Vitamingeber“, wie er oft abschätzig eingestuft wurde, sondern er rät, wie es Jahrzehnte lang der große Ganzheitsmediziner, „Ernährungspapst“ und Psychotherapeut Prof. Dr. Max-Otto Bruker tat, dringend dazu, den Fabrikzucker einzuschränken, besser ganz zu meiden.

 

Während Bruker mäßigen Honiggenuß für unbedenklich hält (außer daß er Karies verursacht), rät Linus Pauling auch vom Honig ab, weil er den Cholesterinspiegel erhöhe. Nach dem Vitamin C sei das Vitamin E sehr bedeutend für den Organismus, das neben dem Einsatz bei Krebs exzellente Wirkung bei allen Erkrankungen des Gefäßsystems erzielt. Zu jedem einzelnen Vitamin verweist der Autor auf wissenschaftliche Studien, die belegen, daß die Vitaminsubstituierung in zahlreichen Fällen deutliche Heilwirkung herbeiführe..

In „How to live longer and feel better“ gliedert er in: vom allgemeinen Wesen der Vitamine, über Vitamine und Krebs, Vitamine und Herz- und Gefäßkrankheiten bis hin zu lebensverlängernden Eigenschaften der Vitamin- und Ernährungstherapie. Prof. Pauling faßt alles an relevanten Studien und praktischen Beobachtungen zusammen, was den medizinischen und chemischen Fachleser, aber auch den gesundheitsbewußten Laien interessieren könnte.

 

Linus Pauling war es noch vergönnt, die Entdeckung des Q10 mitzuerleben. Mit seinem Sachverstand konnte er er kurz vor seinem Tod das Q10 bewerten: Er bezeichnete das Coenzym Q10 als eine der größten Bereicherungen unter den neu entdeckten natürlichen Substanzen, die die Gesundheit des Menschen fördern können [10].
Zahlreiche Untersuchungen belegen nicht nur die positiven Wirkungen von Q10 in der Therapie verschiedener Erkrankungen (Krebs, Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, Hypertonie etc. ) vgl. The International Coenzyme Q10 Association. Prof. Gian Paolo Littarru: Was ist Q10? Institut für Biochemie/ Universität Ancona, Italien 2002

 

Der Jahrhundertchemiker selbst nahm seit seinem 67. Lebensjahr im Selbstversuch zahlreiche Vitamine zu sich. Ein Mensch mit dieser Sachkenntnis und eigenen Forschungen paßte natürlich die jeweiligen Dosen und Kombinationen sehr exakt seiner biochemischen Individualität an. Immer wieder wurde Pauling nach allgemeinen Dosen befragt und er antwortete sehr ungerne. Sein Wort von der „Biochemischen Individualität“ zeigt, daß es pauschale Dosisempfehlungen nicht geben kann. Er selbst nannte nur von Zeit zu Zeit, welche Vitamine er zu welcher Dosis einnahm. Paulings hohes Lebensalter von 93 Jahren führte er auch auf seine von ihm propagierten Lebensweise zurück, die nicht nur in der Vitamineinnahme bestand. Raffinierte Kohlenhydrate, insbesondere Zucker und Honig mied er rigoros. Er rauchte keine Zigaretten. Obst und Gemüse waren seine Haupternährung, Pauling war aber kein Vegetarier. Er sorgte dafür und riet es jedem ratsuchenden, sein Leben in einer "gewissen Ordnung" zu halten und für Geborgenheit zu sorgen. Seine skandalfreie und glückliche Ehe und der Familienzusammenhalt mit seinen Kindern war sein seelisches Fundament.

 

 

Literatur: (Auswahl)

  

  • Linus Pauling/ Alfred E. Mirsky,: On The Structure of Native, Denatured, and Coagulated Proteins. in: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Washington DC 22 (1936), Nr. 7 (July), 439–447. ISSN 0027-8424
  • Linus Pauling, Dan H. Campbell, David Pressman: The Nature of the Forces Between Antigen and Antibody and of the Precipitation Reaction. in: Physiological Reviews.Bethesda Md 23 (1943), Nr. 3 (July), 203–219. ISSN 0031-9333
  • Linus Pauling, Harvey A. Itano, S. J. Singer, Ibert C. Wells: Sickle Cell Anemia, A Molecular Disease. in: Science. Washington DC 110 (1949), Nr. 2865 (25 November), 543–548. ISSN 0036-8075
  • Linus Pauling, Robert B. Corey: The Polypeptide-Chain Configuration in Hemoglobin and Other Globular Proteins. in: Proceedings of the National Academy of Sciences(PNAS). Washington DC 37 (1951) 5 (May), 282–285. ISSN 0027-8424
  • Linus Pauling, Robert B. Corey: A Proposed Structure for the Nucleic Acids. in: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Washington DC 39.1953, 84–97. ISSN 0027-8424
  • Linus Pauling: Die Natur der chemischen Bindung. Übers. v. H. Noller. Verlag Chemie, Weinheim 1968, 1976. ISBN 3-527-25217-7
  • Linus Pauling: The Nature of the Chemical Bond and the Structure of Molecules and Crystals – An Introduction to Modern Structural Chemistry. Cornell University Press, Ithaca NY 1939, 1960. (engl. Orig.)
  • Linus Pauling: Orthomolecular Psychiatry, Science 160: 265-271, 1968.
  • Linus Pauling: Grundlagen der Chemie. Übers. v. Friedrich G. Helfferich. Verlag Chemie, Weinheim 1956, 1973. ISBN 3527253920
  • Linus Pauling: Vitamin C and the Common Cold. W. H. Freeman, San Francisco 1970. (engl. Orig.)
  • Linus Pauling: How to live longer and feel better, CA 1990
  •    Linus Pauling: How my interest in proteins developed. In: Protein Science. (PS). Laboratory Press, Cold Spring Harbor 2.1993, 6,  S. 1060–1063
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Kommentare: 2
  • #2

    Claudia G. (Sonntag, 16 September 2018 05:29)

    Zu meinem Vorgänger: Multitalente haben oft das Problem, dass sie zu wenig von vielem wissen. Prof. Pauling wusste exakt das, von dem er sprach und schrieb. Da können sich die damaligen und heutigen Mediziner und Biochemiker noch so sehr ereifern, zur Vitamin-Therapie Paulings werden sie keine großen Fehler oder überholtes finden. 1 und 1 macht 2. Egal zu welcher Zeit und egal aus welcher Ideologie heraus.

  • #1

    Friedrich Beyer (Freitag, 20 Juli 2018 08:52)

    Treffender ging es nicht. Linus Pauling war ein Multitalent.

Felix qui potuit rerum cognoscere causas  

 

 

Gemäß dem Vergilschen Motto bietet die Augustinus-Akademie ein Studienforum zur geistigen Neuorientierung, Vertiefung eigener Schwerpunkte und Erweiterung und Ergänzung vorhandener (Er-)Kenntnisse.  Viele Gelehrte sind angefüllt mit einer selbst erarbeiteten Wissenschaft, oft erweisen sie sich aber als ungeeignet, durch ihr Wissen einen besonderen Eindruck auf die Mitmenschen zu machen, also ihr Wissen adäquat weiterzugeben. Selbst Kult-Wissenschaftler Albert Einstein gehörte zu solchen. Als lehrender Professor an  der Vorgängeruni der Humboldt-Universität versagte er komplett. Es gibt nicht wenige Gelehrte, die ihr geistiges Werk für sich behalten oder es nur im kleinen Kreis präsentieren, sie gelten als "Privatgelehrte". Andere drängt es zur Arbeit am Schreibtisch und späteren Publikationen, von denen sich hier durch kleine oder größere wissenschaftliche Aufsätze einige wiederfinden. Im wissenschaftlichen Austausch kann es es anstehen, die Rede- und Lehrkunst zu erlernen. Vom stillen Leser und Lerner entwickelt man sich zum sozial denkenden Wissenschaftler, der in der Studiengruppe seine Position hat, Wissen weitergibt und annimmt. 

 

Ästhetik-Professor Bazon Brock findet eine ganz eigene Definition von "Akademie":

 

"Die Akademie ist der Versuch, eine Gemeinschaft zu bilden, die dem Academus entspricht, eine Akademie ist ein Zusammenschluß von Menschen, die sich in anstrengenden Zeiten, vornehmlich in Zeiten des Analphabetismus und der allgemeinen Zerstreuung durch kriegerische oder sonstige evolutionäre Prozesse wechselseitig garantieren, daß das, was sie tun, sinnvoll ist. Wir schreiben, wir malen, wir musizieren, wir komponieren und spielen Theater.

 

D.h. eine Akademie wäre ein Zusammenschluß von Menschen, die sich als Schreiber garantieren, daß das Schreiben einen Sinn hat, weil es Leute gibt, die es lesen: nämlich alle anderen Mitglieder der akademischen Gemeinschaft, denn das ist sehr sinnvoll, wenn wir zur Gemeinschaft des akademischen Typs gehören; dann übernehmen wir die Verantwortung dafür, daß Schreiben, Musizieren, Malen sinnvoll von den Malern, Schreibern, Komponisten betrieben werden kann, weil es Leute gibt, die lesen, betrachten, die zuhören und zwar wirklich auf der Ebene der Gleichwertigkeit  des Rezipienten zum Produzenten.

 

 Das hat eine sehr mäßigende und erzieherische Maßnahme, nämlich wenn wir 100 Akademiker in einer  Gemeinschaft hätten, dann könnte jeder Schreiber, um eine Seite zu publizieren nur die Möglichkeit, gelesen zu werden, einklagen, indem er 99 Seiten seiner Kollegen liest.

 

Es ist nur derjenige "Maler", der würdigt, was andere gemalt haben, sonst ist es sinnlos, Maler zu sein. Also sind Akademien heute dringender als je zuvor, Zusammenschlüsse von Leuten, die die Sinnhaftigkeit ihres eigenen Tuns in aller gutsinnigsten Weise begründet haben möchten: diejenige Vergesellschaftung, in der man sich gegenseitig Sinnhaftigkeit garantiert."

 

                     Prof. Dr. Bazon Brock: Kunst als unabdingbare Kritik an der Wahrheit, Vortrag vom 29. Januar 2014

                                                                                                  Bazon Brock ist Rektor der DENKEREI in Berlin SO36